Wer hat’s erfunden?

Brückstraße 2 – 1801 bis 1803

 

AltstadtQuartier Lithowerkstatt Niedermayr Franz Anton Niedermayr Gemälde

In den Regensburger Quellen tritt Franz Anton Niedermayr am 17. 09. 1801 zum ersten Mal auf – ihm wurde, wie aus dem Ratsprotokoll hervorgeht, an diesem Tag die Aufenthalts- und Gewerbeerlaubnis für Regensburg verliehen. Dies ist der Anfangspunkt der fruchtbaren und engen Verbindung von der Druckerei und der Familie Franz Anton Niedermayr mit der Stadt Regensburg – einer Verbindung, die bis heute in der 6. Generation des traditionsreichen Familienunternehmens ungebrochen engagiert weiterbesteht.

Franz Anton Niedermayr stammte ursprünglich aus Straubing. Er wurde dort am 17. Oktober 1777 geboren und wuchs mit 12 Geschwistern in einer alteingesessenen Tuchmacherfamilie auf. Zunächst absolvierte er das Gymnasium in Straubing, dann jedoch musste er sein 1799 in München am Lyzeum begonnenes Theologiestudium wegen der napoleonischen Kriegswirren und seiner angeschlagenen Gesundheit abbrechen.

Er kehrte im Sommer 1800 nach Straubing zurück und begann dort, mit dem Steindruck zu experimentieren. In München war er wohl zuvor unter den Fittichen der beiden um die Technik des Steindrucks bemühten Professoren Simon Schmid und Hermann Mitterer mit dem neuen, revolutionären Druckverfahren in Berührung gekommen.

Seine Versuche erwiesen sich als äußerst produktiv und es gelang ihm schnell, die Technik des Steindrucks so weit zu entwickeln, dass er damit ins Geschäft gehen konnte. Erhalten haben sich Druckerzeugnisse ab dem Jahr 1801. Vor allem mit dem Drucken von Notenblättern – Musikalien –, für die sich durch die neue Technik eine bis dato unerreichte Möglichkeit der Vervielfältigung bot, schuf er sich bald einen Namen.

Aus dem unerfreulichen Streit um das Privilegium des Steindruckens, der um Alois Senefelder, seine Brüder und andere an der neuen Technik Interessierte um die Jahrhundertwende zwischen München und Wien tobte, zog Franz Anton Niedermayr eine folgerichtige Konsequenz: bayerisches Privileg hin oder her – in Straubing und Wien wurde ihm das Steindrucken verboten, nicht aber in der (noch) freien Reichsstadt Regensburg, in der man nicht sonderlich bemüht war, sich bayerische Interessen zu eigen zu machen! Hier kümmerte sich niemand darum, dass die Senefelder-Familie das Lithographieren für sich allein beanspruchen wollte.

 

Lithowerkstatt Regensburg Fr Ant Niedermayr Amberger Salzstadel
Ansicht Regensburg mit Steinerner Brücke

Franz Anton Niedermayr ging also als Dreiundzwanzigjähriger nach Regensburg, unterstützt von seinem Vater und dem Regensburger Tuchmachermeister Johann Gottlieb Wirth, der an diesem 17. September 1801 vor dem Rat für den jungen Drucker bürgte:

Er erhielt die Erlaubnis, sich in Regensburg niederzulassen, um … sich mit Noten und Schriftstechen auf Steine … seinen Unterhalt [zu] verschaffen …

Im Regierungs- und Intelligenzblatt findet sich am 15.06.1803 eine Anzeige Franz Anton Niedermayrs, in der er eine Mitreisegelegenheit nach Paris sucht. Es heißt dort u. a.:

… das Nähere ist im Franz Anton Niedermayr’schen polytyp. Büro Nro. 1167. dem goldenen Posthorn gegenüber zu erfragen …

Nach der alten Häusernummerierung ist dies der Amberger Stadel. So erfahren wir aus dieser Anzeige zum ersten Mal, dass Franz Anton Niedermayr den Sitz seiner Werkstatt im Amberger Stadel, Brückstr. 2, an der Steinernen Brücke hatte. Unbürokratisch und schnell war ihm die Gewerbeerlaubnis verliehen worden, und dies angesichts der Skepsis von offizieller Seite, die sich in den regierenden Gremien herumzusprechen begann:

War die Lithographie eine gefährliche Kunst?

Mehr als einmal stellten sich die Behörden diese Frage. Stolz behaupteten nämlich die Erfinder der neuen Technik, geradezu alles vervielfältigen zu können – Bilder, Schriften, Noten und Banknoten! Lithographierte Geldscheine waren durchaus im Umlauf! Nicht einmal vor der kaiserlichen Unterschrift hatte man Skrupel – in Anwesenheit seiner Majestät des Königs von Dänemark hatte man beim Wiener Kongress dessen Unterschrift ebenso geschwind als unverkennbar vom Manuskript auf Stein übertragen und auch sogleich abgedruckt. Um eine Unterschrift auf Stein zu bringen, konnte man allerdings auf die Präsenz des Unterzeichners auch gut verzichten! Schlimmstes wurde befürchtet: gefälschte Urkunden, Genehmigungen, Erlasse und Dekrete – anarchistische Verhältnisse? Man reagierte mit strengen Bestimmungen:

Steindruckereien wurden nur in größeren Städten erlaubt und die Ausübung des Berufes an ein offiziell verliehenes Privileg gebunden.

Vor dem Hintergrund dieser staatlichen Befürchtungen und restriktiven Bestimmungen an anderen Orten zeigt sich hier, dass der Rat der Stadt Regensburg dem jungen Lithographen und seiner neuen Kunst gegenüber sehr aufgeschlossen war. Keine großen bürokratischen oder zensorischen Hürden wurden Franz Anton Niedermayr für die Ausübung seines Handwerks in den Weg gestellt.

Allerdings wachte die Stadt sorgfältig über das Privilegium. Am 4. Juli 1804 – Regensburg war nun Fürstentum unter Carl von Dalberg und Franz Anton Niedermayr nach einjährigem Aufenthalt in Paris wieder in der Stadt – wurde die Konzession als Steindrucker ausdrücklich neu bestätigt. Dies war damit verbunden, dass Franz Anton Niedermayr am 20. Juli 1804 zum Bürger der Stadt Regensburg erhoben wurde.

Bis 1826 blieb Franz Anton Niedermayr der einzige Lithograph in der Stadt. Erst dann erhielten andere ebenfalls die Genehmigung zur Errichtung einer lithographischen Anstalt.

Immer wollte der Rat der Stadt über die Ausbildung von Lehrlingen, den Personalstand, die Erweiterungen des Betriebs, den Ankauf neuer Maschinen, die Weiterentwicklung der Technik … informiert werden. 1833 erhielt

Franz Anton Niedermayr z. B. ausdrücklich die Erlaubnis, eine neue, verbesserte Steindruckpresse anzuschaffen.